Perspektiven der Familienpolitik nach der EU-Osterweiterung

12.5.2005
Vojtěch Belling

(Publikováno ve sborníku internationales Jahr der Familie: 10 jahre danach vydaného r. 2005 ze stejnojmenné konference uskutečněné r. 2004)Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte erstens den Organisatoren für die Gelegenheit danken, an diesem sehr interessatnen Symposium teilnehmen zu können. Die besprochene Problematik gehört dank deren Wichtigkeit zu den meist diskutierten und beobachtenen Themen. Mein Referat soll dem Thema „Perspektiven der Familienpolitik nach EU-Osterweiterung“ gewidmet sein. Weil ich aus einem neuen Mitgliedsstaat komme, möchte ich gerade über die Erfahrungen und Erkenntnisse aus diesem Raum zu sprechen, die man bei der Debatte über einer europäischen Familienpolitik ausnutzen kann. In Tschechien ist die Familienpolitik ein ganz neuer Bereich, aber ich hoffe trotzdem, dass mein Beitrag für euch als eine Nachricht über die Situation bei euer Nachbarn interessant sein wird.

Wie wir alle wissen, Europa ist heute ein Kontinent, der ist vom Aussterben bedroht. Die Prognosen der Bevölkerungsentwicklung sind unnachsichtig: im Falle der Erhaltung des gegenvärtigen Niveaus würden in den nächsten Jahrhunderten in Europa nur ein paar Milionen der Menschen leben.

Es geht jedoch nicht nur um die demographische Entwicklung. Gerade die Familie, die in der Werteskala der Europäer den ersten Platz einnimmt, ist auch in ihrer innerer Struktur bedroht und in der Ausübung ihrer natürlichen Funktionen: der Reproduktions-, Sozialisations- und Wirtschaftsfuntionen. Die verschiedenen nicht-traditionellen Lebensformen werden immer mehr zu einer Alternative zum Familienleben. In diesem Moment erscheint als sehr aktuell die Frage: Was sollte die Gesellschaft, bzw. der Staat machen für die Erhaltung und Unterstützung der Familie in dem Vollzung ihre Funktionen, die für das gesellschaftliche ‚Uberleben unerlässlich sind?
Einzelne europäische Länder beantworten diese Frage in verschidedener Weise, und zwar im Zusammenhang mit ihren kulturellen Traditionen, Modellen des Sozialstaates, religiösem Erben und politischer Richtung. Ich möchte nicht an dieser Stelle über die Modelle der euroäischen Familienpolitik reden, weil es nicht das Thema meines Vortrages ist. Dennoch lässt sich sagen, dass für die westeuropäischen Länder eine Starke Förderung der Familie charakteristich ist. Die Tradition der institutionalisierten Familienpolitik geht zum Beispiel in Deutschland bis in die 50. Jahre, und in einigen anderen Staaten noch weiter. Gerade in Deutschland und Frankreich ist die Familienpolitik als Institutionenpolitik verstanden, also als die Unterstützung der Familie als Ganzen, mit allen seinem Funktionen. Umgekehrt in den Ländern des kommunistischen Blocks war die so genannte Familienpolitik nur auf die Populations- und Wirtschaftsziele gerichtet. Es ging also nur um die Erhöhung der Geburtsrate und Erwerbstätigkeit beider Eltern. Das Ergebnis war die Unterordnung der familienfreundlichen Massnahmen einem Zwecke: der Stärkung der biologisch-reproduktiven Funktionen der Familie und der Elimination aller ihrer anderen Funktionen.
Als Beleg dieses Prozesses lassen sich Passagen eines Dokuments zitieren, das der kommunistichen Regierung in der Tschechoslowakei noch im Jahre 1989 vom Forschungsinstitut für Arbeit und Sozialentwicklung vorgelegt wurde. Diese sogenannte Konzeption der Familienpolitik spricht über die folgenden Ziele der staatlichen Populations-Familienpolitik:

•„Befreiung des Haushalts, d. h. Ziel die Frau um die Sorgen um Haushalt, Kinderbetreuung und Erziehung zu bringen und ihr ermöglichen, sich in der Arbeit zu realisieren.“

• “Institutionalisierung der Kinderbetreuung, d. h. die Ausbau der Institutionen, die den Kindern ihr Körper- und Geistesentwicklung seit dem Geburt sicherstellen werden.“ Dieses Ziel ist demnächts als „Transfer der Sozialisationsfunktion von der Familie auf die Schule und andere Institutionen“ genannt.

•„Emanzipation der Familie vom Netz der Verwandschaftsfesseln“

•„Ent-ökonomisierung der Familie, d. h. die Befreiung der Familie von den produktiven Funtionen“.

Ich meine, dass ich dies nicht weiter erläutern muss. Paradoxer Weise führte diese totalitäre Bevölkerungspolitik und Arbeitsbeschäftigungspolitik zu gewisser Stärkung der inneren familiären Verbundenheit und der Zwischengenerationensolidarität. Viele Menschen haben sich von der allmächtigen totalitären Macht in der öffentlichen Sphäre zu ihren Familien gekehrt. Dennoch ist für die Zeit vor 1989 eine starke Intervention des Staates in alle private Bereiche des menschlichen Lebens spürbar, sowie seines Streben nach der Beschränkung der Familie auf die biologisch-reproduktive Einheit. Die hochentwickelte Infrastruktur der Dienste, wie die Krippen, Wäschereien, Speiselokale usw. waren, hat die Familie allmählich in die reine Arbeitswelt ausgegrenzt. Ein unbetreitbares Erfolg war der Bevölkerungsanwuchs in der totalitären Zeit. Dennocht bleibt die Frage unbeantwortet, ob es hier um das Erfolg der kommunistischen Populationspolitik oder eine Folge der obgenannten Verschliessung der Menschen ins Familienleben ging.

Nach dem Jahre 1989 haben sich die ostmitteleuropäischen Gesellschaften schnell dem westeuropäischen Wirtschaftssystem genäht und die dortige kulturelle Modelle übernommen. Diese Entwicklung hatte zur Folge tiefe Veränderungen im Familienverhalten der Bevölkerung, wesentlich schneller als Veränderungen ihrer Wertestellungen zur Familie als Institution. In diesem Zusammenhang spricht man vom Beginn der Phase des zweiten demographischen Überganges, der in der Tschechischen Republik, aber auch in anderen Ländern Mittel- und Osteuropas, mit einer zwanzigjährigen Verspätung im Vergleich zu Westeuropa ankommt. Seine charakteristischen Zeichen sind die sinkende Geburtenrate, niedrige Heiratsrate, sinkende Sterblichkeit und simultane Steigerung des Heiratsalters und Alters der ersten Geburt. Während diese Tatsache ist an sich unumstritten in Folge der demographischen Untersuchungen, herrschen weiterhin unterschiedliche Anschauungen in Bezug auf ihre Ursachen und gegenseitige Beziehung der sozio-ökonomischen und werte-kulturellen Aspekte, die auf diese Umwandlung Einfluss hatten. Unterschiedliche Ansichten haben dann natürlich auch zur Entstehung verschiedener Haltungen zur Familienförderung seitens der öffentlichen Macht geführt. Für gemeinsames Zeichen der Modelle der Sozialsysteme in postkommunistischen Ländern wird das Phänomen der sog. „Refamilisation“ gehalten, wie es von der britischen Professorin Linda Hantrais beschrieben wurde. Damit versteht man die Erhebung der menschlichen Abhängigkeit von traditionellen Familienbindungen im Vergleich zur vorangehenden Ära, in der das ganze menschliche Leben in allen Bereichen vom Staate versorgt wurde.
Auffassungen der Familienpolitik haben sich in einzelnen Staaten im Laufe der neunziger Jahre abhängig von den werte-politischen Stellungen, sozio-ökonomischen Umständen und kulturellen Traditionen entwickelt. Als einheitsstifendes Element war und stets ist jedoch eine Ablehnung des Ansehens auf die Familienpolitik durch das Prisma der Populationsziele des Staates. Nach dem tschechischen sogenannten Szenario der Sozialreform aus dem Jahre 1990 sollte zum Ziel der Familienpolitik die Unterstützung aller Familienfunktionen werden im Gegensatz zur bisherigen Bevölkerungspolitik. Die neue politische Repräsentation hat auch die komunistische Arbeitsbeschäftigungspolitik der Frauen stark kritisiert, nach der wir „die höchste Arbeitsbeschäftigung der Frauen in Europa unbedacht erreicht hatten.“ Im Gegenteil forderte sie im Bereich der Familienpolitik die volle Wiederanerkennung der mutterlichen Kinderbetreung als vollwertige Alternative einer Erwerbstätigkeit.

Ähnlich haben sich Erwägungen über Familienpolitik auch in der Mehrheit anderer Staaten entwickelt. Anstatt der demographischen Ziele wurde als Priorität die Unterstützung der Familie als gesellschaftlich relevanten Subjekts mit unersetzlichen Funktionen bezeichnet. Ihre konkrete Ausfertigung hat sich jedoch auf sehr unterschiedliche Weise entwickelt. In Polen, Ungarn und der Slowakei gibt es eine explizite Familienpolitik, die aus Prioritäten ausgeht, die in Regierungskonzeptionsdokumenten aus neunziger Jahren definiert wurden. Ausserdem entstanden in der Slowakei und Polen auch komplexe Familienberichte, die den aktuellen Stand des Familienlebens in diesen Ländern erfassen. In diesen zuletzt genannten Ländern sind somit alle Eingriffe des Staates im Bereich der Familienunterstützung in Einklang gebracht mit den einheitlich definierten Zielen. Die Systeme der Koordinierung sind jedoch verschieden: In Polen gibt es die Funktion eines Regierungsbeauftragten für Familienfragen, in der Slovakei und Ungarn beschäftigen sich mit diesem Bereich die Ministerien für Arbeit und Soziales.

Im Gegensatz zu den Nachbarstaaten des postkomunistischen Blockes hatte die Tschechische Republik bisher keine explicite Familienpolitik. Die schnelle Ablenkung von der Bevölkerungspolitik wurde trotz die aussichtsvolle Beginne durch kein neues System der Familienförderung begleitet. Die familienunterstützende Massnahmen waren gegenseitig nicht koordiniert und blieben nur auf die Späre der Sozialpolitik beschränkt. Erst in den letzten Jahren hat sich das Interesse der Regierung um die Familienpolitik erhöht, und zwar im Zusammenhang mit der negativen demographischen Entwicklung. Die Tschechische Republik ist heute ein Staat mit der zweitniedrigsten Geburtsrate in der Welt. Im letzten Jahre war es nur 1,18 neugeborenen Kinder pro eine Frau. Die Regierung hat deswegen den ersten Familienbericht vefasst, die die derzeitige Gestalt der Familienunterstützung scharf kritisiert. Auf dieser Grundlage soll auch die Konzeption der staatlichen Familienpolitik entstehen, für die die Abteilung für Familienpolitik im Ministerium für Arbeit und Soziales zuständig ist.

Die jetzige Massnahmen der Familienpolitik sind in der Tschechischen Republik, sowie auch in den anderen mitteleuropäischen Nachbarstaaten auf die finanzielle Transfere konzentriert. Diese ökonomische Intervention ist als Kompensation der strukturellen Rücksichlosigkeit der Gesellschft gegenüber der Familien konzipiert. Während früher diese Hilfe mehrheitlich einkommensabhänging war, in den letzten Jahren erhöht sich die Tendenz zur horisontalen Redistribution von Kinderlosen zu Familien mit Kinder. Zugleich versetzt sich die finanzielle Unterstützung von den Sozialtransferen zu den Steuervergünstigungen. So werden nun in der Slovakei wie auch in Tschechien neue universale Steuervergünstigungen in Form eines Kindergeldes eingeführt, sowie auch die fakultative Ehegattensplitting.

Dennoch ist bisher die finanzielle Unterstützung von einer Benachteiligung der ehelichen Familien im Vergleich mit den nichtehelichen Partnerschaften mit Kindern gekennzeichnet. Diese Diskriminierung der Ehe wurde in Sphäre der Sozialpolitik und Wohnungspolitik auch im tschechischen Familienbericht kritisiert. Vornehmlich für die einkommensschwache Familien ist heute vorteilhaft in den nichtehelichen Partnerschaften zu leben, was den Demographen nach ein wichtiges Grund für die sinkende Heiratsrate und folgend auch Geburtsrate ist. Daher soll die Unterstützung der Ehe nicht nur mit Hinsicht auf die Stabilität der Familie, sondern auch wegen den Populationszielen zu einer der Prioritäten der familienpolitischen Konzeption werden. Die Vorbereitung und Erziehung der jungen Menschen zur Ehe, wie wir es aus den Vereinigten Staaten kennen, ist deswegen seit diesem Jahre ein der Programme der staatlichen Dotationspolitik. Die Untestützung dieser Form des Familienlebens ist allerdings die Priorität der Familienpolitik in der Mehrheit der ostmitteleuropäischen Länder, möglicherweise im gewissen Gegensatz zu westeuropäischen Staaten.

Im Rahmen der finanziellen Unterstützung der Familie ist es nöting auch über den Ansatz reden, der um die Vergünstigung der betreuenden Familien geführt wird. Einerseits ist in der Tschechischen Republik die Erhöhung des Erziehungsgeldes auf das Niveau des minimalen Einkommens diskutiert. Während die Elternzeit (sog. Elternurlaub) eine der längsten in der Welt ist (insgesamt 4 Jahre), die Höhe des Erziehungsgeldes näht sich keineswegs einem Lasten- und Leistungsausgleich. Anderseits redet man auch über die Vergünstigung der elterlichen Kinderbetreuung in der Rentenreform, z. B. nach dem schweizerischen Vorbild. Dies ist jedoch eine politische Frage, die während der Debatte über die Sozialreform gelöst werden muss.

Neben den finanziellen Instrumenten setzen sich immer mehr auch die nichtfinanzielle Massnahmen durch, als die vollwertige Formen der Familienpolitik. Diese sind vornehmlich im Rahmen der Unterstützung der Vereinbarkeit der Familie und Beruf verwirklicht. Der Staat versucht, eine leichte Rückkehr der Eltern auf den Arbeitsmarkt nach dem Ende der Elternzeit zu ermöglichen. Während in manchen westeuropäischen Ländern ein zeitlichen Nebeneinander von Familie und Beruf angestrebt wird, steht in Ostmitteleuropa ein zeitliches Nacheinander im Vordergrund, also die sequentielle Vereinbarkeit. Der Staat unterstützt die Teilzeitsarbeit, flexible Arbeitszeiten und Rekvalifizierungskurse während der Elternzeit. Seit dem Jahre 2000 ist auch der Wechsel der Eltern während der Elternzeit möglich. In nächster Zeit sollte auch der Institut des Vaterurlaubs nach der Kindergeburt eingeführt werden.

Die sequentielle Vereinbarkeit wird in den ostmitteleuropäischen Staaten unterstützt mit Hinsicht auf die Perspektive des Kleinkindes. Das Erbe der totalitären Diktatur lässt nämlich auf die Versuche des Staates nach der Übernahme der Sozialisationsfunktionen der Familie errinern, die sich im System der öffentlichen Kinderbetreuungseinrichtungen für Kinder unter 3 Jahren niederschlägten. Gerade in diesem Punkt läuft die Grenze zwischen der Bevölkerungspolitik, die auf die Eliminierung der Betreuungsfunktionen der Familie gerichtet ist, und der Familienpolitik als Förderung des Ganzen der naturlichen Familienfunktionen, und natürlich auch einer wirklichen Walfreiheit.

Während z. B. in skandinavischen Ländern sind die Kinderbetreuungseinrichtungen staatlich organisiert und gef ördert, im Ostmitteleuropa ist nach der totalitären Erfahrung die individuelle Betreuung des Kleinkindes untersützt, vom Vater oder Mutter. Deswegen wird auch der schrittige Untergang des zuvor hochentwickelten Krippensystems gefördert, wie es auch die Pediatrie-Experten verlangen. Eine grössere Aufmerksamkeit ist auf die inovativen Arten der Kinderbetreuung gerichtet, sowie auch auf einige spezifische Dienste, wie z. B. die Mütterzentren. Diese sind seit diesem Jahr staatlich subventioniert.

Die zurückhaltende Stellung zur Betreuungseinrichtungen für Kinder unter 3 Jahren steht in keinem Fall im Gegensatzt zur Unterstützung der Vereinbarkeit der Familie und Beruf. Die staatliche Familienpolitik in Tschechien, sowie jedoch auch in der Slovakei und anderen Ländern, bevorzugt andere legislative Instrumente, wie ich schon sagte. Das Vereinbarkeitsthema muss nämlich auch aus der Kinderperspektive anzusehen sein. In älteren Alterskategorien der Kinder wird umgekehrt die kollektive Betreuung gefördert, mit Hinsicht auf den Bedarf der Sozialisation des Kindes im Kollektiv. Der fünfte Jahrgang des Kindergartens wird seit dem nächsten Jahr sogar vom Staate bezahlt.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte jetzt zu dem Hauptthema zurückkehren, also zu den Perspektiven der Familienpolitik nach der EU-Osterweiterung. Wie wir wissen, der EU-Beitritt wird die Familienpolitik der einzelnen neuen Mitgliedsstaaten nicht unmittelbar tangieren. Diese Späre gehört nämlich nicht unter die gemeinsam mitgeteilten Kompetenzen, auch mit Hinsicht auf die verchiedenen Kultureinflusse, Traditionen und sozialökonomischen Gegebeheiten. Trotz einige Massnahmen der europäischen Sozialpolitik, wie z. B. in der Legislative des freien Marktes oder der Asyl- und Immigrationspolitik, kann man nicht über eine europäische Familienpolitik reden. Im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Ansichten auf den Begriff der Familie ist eine Änderung kaum zu erwarten.

Trotzdem bin ich überzeugt, dass die EU-Osterweiterung einen Einfluss auf die Debatte über die familienpolitische Reformen in den Mitgliedsstaaten haben wird. Die negative Erfahrung mit der totalitären Bevölkerungspolitik kann auch für die westeuropäischen Modelle der Familienpolitik lehrreich sein. Umgekehrt die ostmitteleuropäischen Ländern können sich durch die erfolgreichen Systeme der Familienunterstützung im Westeuropa inspirieren lassen. Notwendig ist aber auch die unterschiedliche kulturelle Modelle im Europa zu reflektieren. Es ist kein Geheimniss, dass der skandinavische Model für Mitteleuropa wenig akzeptabel ist, genauso wie die angelsächische liberale Familienpolitik. Das deutsche Vorbild der Familienpolitik als Institutionenpolitik näht sich der mitteleuropäischen Realität weitaus mehr.

Auf der anderen Seite können wir über einige Ausgangspunkte der Familienpolitik reden, die den europäischen Ländern gemeinsam sein sollten. Die politischen Akteure sollten in Betracht nehmen, dass die Familie eine soziale Gruppe ist, die relevant für die ganze Gesellschaft sowie für den Staat ist. Das öffentliche Interesse an der Familienunterstützung muss in der Situation der strukturellen Rücksichlosigkeit der Gesellschaft gegenüber der Familie zu einer natürlicher Anregung für eine explizite Familienpolitik werden.
Die Familienpolitik lässt sich als ein Komplex der offentlichen Tätigkeiten und Massnahmen verstehen, die sich bewusst zu einer Anerkennung und Unterstützung der Familienfunktionen in der Gesellschaft richten. Diese Massnahmen sollten den Charakter eines Lastenausgleichs und Leistungsbewertung haben. Sie können deswegen nicht allein durch die bevölkerungspolitische oder sozialpolitische Dimension bechränkt werden. Die Familienpolitik ist also als Querschnittsaufgabe zu bezeichnen, die auf die Förderung der Fähigkeit der Familien gerichtet ist, ihre natürliche Funktionen zu erfüllen. Sie sollte daher sämtliche Politikbereiche betreffen, wie die Sozialpolitik, Bildungspolitik, Finanz- und Arbeitsmarktpolitik usw. Eine solche Auffassung ist auch in den neuen EU-Mitgliedstaaten zur Grundlage der Familienpolitik geworden.
Das langfristige Ziel der Familienpolitik ist also die institutionelle Förderung der gesunden funktionierenden Familie und der Familiengründungen. Die konkrete Auffassung der Unterstützung der einzelnen Familienfunktionen ist von den sozioökonomischen und Bevölkerungsfaktoren abhängig. In der Staaten mit der steigenden Geburtsrate sind die familienfreundliche Massnahmen auf die Entwicklung des Humanvermögens gerichtet, in den Ländern mit der sinkenden Geburtsrate steht die Unterstützung der generativen Funktion im Vordergrung. Die anderen Familienfunktionen können jedoch nie vergessen werden.

Gerade die Rücksicht auf die natürliche Familienfunktionen und ihre gesellschaftliche Bedeutung ist der dauerhafte Ausgangspunkt der staatlichen Politik gegenüber den Familien. Ihre Struktur muss dem Zwecke entsprechen, die Benachteiligung der Familie im Vergleich zu den anderen Lebensformen auszugleichen. In der Situation, in welcher die Leistung der Familienfunktionen nicht durch das Kind als ihres Objekt kompensiert wird, soll die Gesellschaft und der Staat diese ausgleichende Rolle übernehmen. Der Staat ist nämlich vom Bestehen der Familien abhängig. Deswegen ist neben der vertikalen auch eine horisontale Solidarität als die Bedingung jeder Familienpolitik zu verstehen.

Eine Familienpolitik muss sich gleichzeitig an bestimmte etische Grundlage anlehnen, die einerseits durch die Werte des kulturellen Raumes anderseits durch die konkreten Positionen der politischen Repräsentation geprägt sind. Gerade die wertkulturellen etischen Kriterien sind das Fundament für die Handlung der Staatsverwaltungs- und Selbstverwaltungsorgane und der ganzen Zivilgesellschaft im Bereich der Familie. Neben ihren spezisichen und regionalabhängigen Quellen sind das die Tradition des europäischen Humanismus und Menschenwürde, der Freiheitsidee und auch der christlichen Auffassung der Familie als Grundstein der Gesellschaft.

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Charakter der Familienpolitik als einer Intervention des Staates in die private Sphäre führt uns zu der Frage, wo liegt die Legitimität solcher Eingriffe ins Familienleben. Die ökonomische und sozialökologische Unterstützung der Familie wird zum Instrument, das die private Enstcheidungen (wie z. B. die Kinder zu haben usw.) beeinflusst. Daher ist sie ab und zu von der liberalen Seite abgelehnt. Dieses Argument war lange Zeit typisch für angelsächische Länder, und bisher ist häufig in den neuen EU-Mitgliedsstaaten zu hören. Auf der anderen Seite kann man die Versuche sehen, die Familienpolitik dem Zwecke der Interessen des Staates in der Arbeitsmarktpolitik unterzuordnen.

Ich meine, dass die einzige Möglichkeit für eine erfolgreiche Familiepolitik liegt in der Vereinbarung der Familienunterstützung und Respekt ihrer Autonomie und Selbsständigkeit. Gerade in der autononem Ausübung zu ihrer Funktionen bringt die Familie den Gewinn für die Gesellschaft. Der Familie muss daher die volle Wahlfreiheit zukommen über die Art und Weise der Kinderbetreuung und Erziehung und dem Verhältnis zwischen der Familienarbeit und Berufsarbeit. Der Staat sollte nur die Bedingungen für diese Wahlfreiheit bereitstellen. Diese Autonomie hat natürlich auch ihre Grenzen im Falle der Gesetzverletzung in der Familie, wie z. B. Familiengewalt. Die Familienpolitik ist jedoch in der tschechischen Fassung die Förderung der Familie als Institution, nicht nur der einzelnen Familienmitglieder, also keine Familienmitgliederpolitik. Nur eine Stärkung der innerfamiliaren Fesseln ist meiner Meinung nach die Perspektive einer erfolgreichen Familienpolitik im Europa.

Ich danke Ihnen für ihre Aufmerksamkeit.

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